Es war ein Montagmorgen im Februar 2024, als Tobias Meier die E-Mail aus Frankreich öffnete und für einen Moment vergaß zu atmen. Ein französischer Outdoor-Großhändler wollte 40.000 Euro Umsatz – aber nur, wenn die Bestellung in französischer Sprache, mit französischen Preisen inklusive TVA und mit einer Rechnung ablief, die den französischen Gesetzen entsprach. Tobias starrte auf den Bildschirm und spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Sein Shopware-Shop war hervorragend – für Deutschland. Für alles andere hatte er bisher improvisiert: einen zweiten Shop auf einer Subdomain, einen dritten auf einer länderspezifischen Domain, Übersetzungen per Hand in Excel-Tabellen und Preise, die jeden Monat manuell angepasst wurden. Jedes neue Land fühlte sich an wie ein Sprung ins kalte Wasser – nur dass das Wasser jedes Mal andere Strömungen und andere Haie hatte.
Er erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem er fast kapituliert hätte. Ein Kunde aus den Niederlanden hatte eine Bestellung storniert, weil die Versandkosten erst im Checkout in Euro angezeigt wurden und er sich „verarscht“ fühlte. Ein anderer aus Österreich hatte sich beschwert, dass die AGB nur auf Deutsch verfügbar waren. Und als ein italienischer Händler fragte, ob es denn auch eine .it-Domain gäbe, musste Tobias zugeben: Nein. Nicht wirklich. Nicht richtig. In diesem Moment wurde ihm klar: Wachstum im Ausland war kein nettes Add-on mehr. Es war Existenzfrage.
Tobias setzte sich an einem Wochenende allein ins Büro und schrieb eine Liste. Acht Länder standen bereits auf dem Plan: Frankreich, Niederlande, Belgien, Österreich, Schweiz, Italien, Spanien, Polen. Acht verschiedene Sprachen, acht Währungen, acht unterschiedliche Steuersätze, acht verschiedene rechtliche Anforderungen an Impressum, Widerrufsrecht und Datenschutz. Und aktuell betreute er das alles mit zwei Teilzeitkräften und einem Wirrwarr aus Subdomains und Plugins. Er wusste: So ging es nicht weiter.
Die Rettung kam in Form eines einzigen Telefonats. Das Team von keeen hörte sich seine Geschichte an und stellte nur eine Frage: „Warum habt ihr eigentlich acht Shops, wenn Shopware alles in einem kann?“ Tobias lachte zuerst – dann wurde ihm klar, dass er jahrelang das Rad neu erfunden hatte, weil er nicht wusste, wie mächtig das Rad eigentlich war.
Die Zusammenarbeit begann mit einem radikalen Grundsatz: Ein Shop. Ein Backend. Ein einziges Shopware-System, das alles kann. Keine Subdomains mehr, keine parallelen Installationen, keine doppelte Pflege. Stattdessen ein durchdachtes Multi-Store-Setup mit Sales Channels, Experiences und einer cleveren Domains-Strategie.
Zuerst wurde die Domain-Struktur bereinigt. Statt französischer-shop.de/fr oder shop.fr wurde eine klare Länderzuordnung geschaffen: tobias-outdoor.fr, tobias-outdoor.nl, tobias-outdoor.ch und so weiter. Jede Domain bekam ihren eigenen Sales Channel, aber alle teilten sich dieselbe Datenbasis – Produkte, Bestellungen, Kunden. Tobias beschrieb es später so: „Es fühlte sich an, als hätte man acht verschiedene Wohnungen zu einem großen Haus mit vielen Eingängen umgebaut. Jeder kommt durch seine eigene Tür rein, aber drinnen ist alles vernetzt.“
Die größte Herausforderung war die Mehrsprachigkeit. Bisher hatte ein Übersetzungsbüro Texte geliefert, die zwar grammatikalisch korrekt waren, aber wie Maschinen klangen. Ein französischer Kunde sollte nicht lesen „Unsere Jacke ist sehr gut und wasserdicht“, sondern „Die Alpine Pro Hardshell hält auch bei 36 Stunden Dauerregen im Wallis dicht – getestet von unserem Team im letzten Winter.“
Keeen baute ein hybrides Übersetzungssystem auf: DeepL als technischer Turbo für die erste Rohübersetzung, danach muttersprachliche Redakteure, die jeden Text lokalisierten. Dabei wurde nicht nur übersetzt, sondern angepasst – Größenangaben in Frankreich in französischer Konfektionsgröße, Pflegehinweise nach landestypischen Symbolen, sogar die Tonalität. In Italien durfte es emotionaler sein, in den Niederlanden direkter, in der Schweiz präziser.
Gleichzeitig wurde das Shopware-Übersetzungs-Plugin so erweitert, dass Redakteure direkt im Admin sehen konnten, welche Texte noch fehlten und wo Inkonsistenzen waren. Ein Ampelsystem zeigte auf einen Blick: Grün = vollständig und freigegeben, Gelb = Rohübersetzung vorhanden, Rot = fehlt komplett.
Ein weiteres Drama war die Preis- und Steuerlogik. Früher hatte Tobias jeden Monat Wechselkurse manuell eingepflegt und sich bei Steueränderungen die Nächte um die Ohren geschlagen. Jetzt übernimmt ein automatisierter Feed tagesaktuelle Wechselkurse, rundet kundenfreundlich (niemals 99 Cent nach oben) und zeigt Preise inklusive der landestypischen Mehrwertsteuer an. Ein Schweizer Kunde sieht CHF und 8,1 % MwSt., ein französischer Kunde Euro und 20 % TVA – alles korrekt, alles automatisch.
Besonders elegant: Die Rechnungs- und E-Mail-Vorlagen wurden pro Land individuell gestaltet und juristisch geprüft. Widerrufsfrist 30 Tage in Deutschland, 14 Tage in Frankreich, andere Regelungen in der Schweiz – alles wird automatisch zur richtigen Zeit mit dem richtigen Text angezeigt. Sogar das Impressum und die Datenschutzerklärung wechseln je nach Land und Sprache.
Internationalisierung heißt nicht nur Übersetzung – es heißt Anpassung. In Polen erwarten Kunden andere Zahlungsarten (Blik, Przelewy24), in den Niederlanden iDEAL, in Frankreich Carte Bancaire. All das wurde nahtlos integriert. Versandkostenstaffeln unterscheiden sich, Lieferzeiten auch. Selbst die Produktempfehlungen wurden länderspezifisch: In Skandinavien laufen Daunenjacken besser, in Spanien leichte Softshells.
Ein schönes Detail: Die Startseite zeigt je nach Land andere Hero-Bilder. In Deutschland sieht man Alpenpanorama, in den Niederlanden Windmühlen und Deiche, in Italien Dolomiten im Sonnenuntergang. Der Kunde fühlt sich sofort abgeholt – weil er zu Hause ist, obwohl er im gleichen Shop wie alle anderen einkauft.
Im Juni 2024 ging das neue internationale System live – still und leise, ohne großen Knall. Und dann passierte etwas, womit niemand gerechnet hatte: Innerhalb von vier Wochen stiegen die Auslandsbestellungen um 340 Prozent. Frankreich und die Niederlande explodierten förmlich. Die Conversion-Rate im Ausland lag plötzlich höher als in Deutschland, weil das Vertrauen durch lokale Ansprache und korrekte Preise massiv gestiegen war.
Tobias erzählt heute lachend, dass er im ersten Monat nach dem Launch jeden Morgen mit Herzklopfen die Zahlen öffnete – aus Angst, etwas sei kaputtgegangen. Stattdessen sah er nur Grün. Weniger Support-Anfragen (weil alles klar war), weniger Retouren (weil Größen und Pflegehinweise stimmten), höhere Warenkörbe (weil Kunden sich wohler fühlten).
Die Geschichte zeigt: Shopware Internationalisierung ist kein Hexenwerk – wenn man es richtig macht. Der Schlüssel liegt darin, die Stärke von Shopware voll auszuspielen: Ein zentrales System, das sich wie ein Chamäleon an jedes Land anpasst, ohne dass Sie den Überblick verlieren.
Fangen Sie mit einer klaren Länder-Roadmap an. Prüfen Sie nicht nur Marktgröße, sondern auch rechtliche Hürden, Zahlungsgewohnheiten und kulturelle Besonderheiten. Bauen Sie von Anfang an auf Sales Channels und Domains statt Subfolders oder Subdomains. Investieren Sie in echte Lokalisierung – nicht nur Übersetzung. Automatisieren Sie, was automatisiert werden kann: Wechselkurse, Steuern, rechtliche Texte. Und nutzen Sie die Erfahrungen derer, die schon vor Ihnen durchs Feuer gegangen sind.
Denn eines ist sicher: Die Welt wird nicht kleiner. Ihre Kunden sitzen heute in Madrid, morgen in Warschau, übermorgen in Stockholm. Und sie alle wollen in ihrer Sprache angesprochen werden, mit ihren Währungen zahlen und sich sicher fühlen.
Tobias hat es geschafft. Acht Länder, ein Shop, ein Team – und ein Umsatz, der sich seitdem fast verdoppelt hat. Wenn Sie das nächste Mal einen internationalen Kunden verlieren, weil „es zu kompliziert ist“, dann erinnern Sie sich an diese Geschichte.
Die Welt steht offen. Sie müssen nur die richtige Tür aufmachen.